Aktualisiert am 28. Juli 2024 von Ömer Bekar, geprüft und gegengelesen von Rechtsanwalt Olaf Kamper
Ein Widerspruch des Betriebsrats kann notwendig sein, wenn eine Entscheidung des Arbeitgebers als ungerechtfertigt oder fehlerhaft erachtet wird. Dieser Leitfaden erklärt, wie der Betriebsrat einen Widerspruch in Deinem Namen einlegt, und bietet eine rechtlich geprüfte Mustervorlage.
Schritt-für-Schritt-Anleitung
- Antrag auf Unterstützung beim Betriebsrat stellen
- Informiere den Betriebsrat über Deine Situation und die Entscheidung, gegen die Du Widerspruch einlegen möchtest.
- Reiche alle relevanten Unterlagen und Begründungen ein, die Deinen Fall unterstützen.
- Sitzung des Betriebsrats
- Der Betriebsrat wird eine Sitzung einberufen, um Deinen Fall zu besprechen und zu entscheiden, ob ein Widerspruch eingelegt wird.
- Der Betriebsrat muss die Entscheidung dokumentieren und das Ergebnis protokollieren.
- Erstellung des Widerspruchsschreibens
- Der Betriebsrat erstellt ein Widerspruchsschreiben in Deinem Namen. Dabei kann die folgende Mustervorlage genutzt werden:
Straße Hausnummer
PLZ Ort
Arbeitgeber
Straße Hausnummer
PLZ Ort
Ort, Datum
Widerspruch gegen die Entscheidung vom [Datum der Entscheidung]
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit legt der Betriebsrat der [Firmenname] im Namen von Herrn/Frau [Dein Name] Widerspruch gegen die Entscheidung vom [Datum der Entscheidung] ein. Nach eingehender Prüfung der Sachlage sind wir der Meinung, dass diese Entscheidung aus folgenden Gründen nicht gerechtfertigt ist:
- Fehlende oder unzureichende Begründung: Die im Schreiben genannten Gründe für die Entscheidung sind nicht ausreichend dargelegt oder nachvollziehbar.
- Formale Fehler: Es sind formale Fehler im Entscheidungsverfahren aufgetreten, die die Gültigkeit der Entscheidung beeinflussen.
- Verstoß gegen betriebliche Vereinbarungen: Die Entscheidung verstößt gegen bestehende betriebliche Vereinbarungen oder Tarifverträge.
- Ungerechtfertigte Benachteiligung: Die Entscheidung benachteiligt Herrn/Frau [Dein Name] ungerechtfertigt im Vergleich zu anderen Mitarbeitern.
Wir bitten Sie daher, die Entscheidung zu überprüfen und uns eine schriftliche Bestätigung des Eingangs dieses Widerspruchs sowie eine erneute Prüfung der Angelegenheit zukommen zu lassen. Zudem fordern wir eine detaillierte und nachvollziehbare Begründung Ihrer Entscheidung.
Mit freundlichen Grüßen,
[Unterschrift Betriebsratsvorsitzender] Vorname NachnameBetriebsratsvorsitzender
Voraussetzungen
Voraussetzung | Beschreibung |
---|---|
Fristgerechte Einreichung | Der Widerspruch sollte innerhalb der im ursprünglichen Schreiben angegebenen Frist eingereicht werden, meist innerhalb eines Monats. |
Schriftform | Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen und eine klare Erklärung des Widerspruchs enthalten. |
Begründung | Der Widerspruch sollte eine klare und nachvollziehbare Begründung enthalten, warum die Entscheidung als ungerechtfertigt oder fehlerhaft erachtet wird. |
Nachweise und Dokumente | Alle relevanten Nachweise und Dokumente sollten beigefügt werden, die die Argumente stützen und die Situation belegen. |
Eingangsbestätigung | Es ist ratsam, eine schriftliche Bestätigung des Eingangs des Widerspruchs vom Arbeitgeber anzufordern, um sicherzustellen, dass der Widerspruch bearbeitet wird. |
Du hast eine Kündigung bekommen und hoffst das der Betriebsrat Dir hilft? So geht es tausenden von Menschen. Wir schaffen Abhilfe. Du solltest jetzt folgendes genau durchlesen. Der Betriebsrat kann eine Kündigung zwar nicht verhindern. Aber er kann Bedenken äußern oder der Kündigung widersprechen. Dadurch kann er die Chancen des Arbeitnehmers bei einer Kündigungsschutzklage verbessern. Außerdem muss der Betriebsrat vor jeder Kündigung ordnungsgemäß angehört werden. Andernfalls ist die Kündigung von vorneherein unwirksam.
►Mustervorlage: Widerspruch Betriebsrat
An die Geschäftsleitung Ort, den Datum Widerspruch gegen die beabsichtigte Kündigung von Frau/Herr ______________ Sehr geehrte Damen und Herren, am _____________ hat sich der Betriebsrat in seiner Sitzung mit der beabsichtigten Kündigung von Frau/Herr ________________ befasst. Im Ergebnis hat der Betriebsrat beschlossen, gegen diese Kündigung nach § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG Widerspruch einzulegen. Zur Begründung: Der Betriebsrat bestreitet nicht, dass im Zuge der geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen ____ Arbeitsplätze wegfallen. Von dem Stellenabbau ist insbesondere die Abteilung betroffen, in der Frau/Herr (Name) bisher beschäftigt war. Dennoch ist ein Auflösen des Arbeitsverhältnisses mit Frau/Herr (Name) nach Ansicht des Betriebsrats nicht gerechtfertigt: Frau/Herr (Name) könnte ohne Weiteres die Position als ____________ in der Abteilung _________ übernehmen. Der Aufgaben- und Tätigkeitsbereich weist große Überschneidungen mit der bisherigen Tätigkeit auf. Zudem haben beide Abteilungen bisher bereits eng zusammengearbeitet. Die Weiterbeschäftigung würde deshalb bestenfalls eine sehr kurze Einarbeitungszeit erfordern. Für die besagte Position suchen Sie zudem derzeit einen Mitarbeiter. Alternativ wäre die Weiterbeschäftigung der/s Frau/Herrn (Name) auch in der Abteilung __________ als ____________ möglich. Aktuell gibt es hier zwar keine freie Stelle. Allerdings werden kurz nach Ablauf der Kündigungsfrist zwei Arbeitsplätze frei werden, denn Frau/Herr (Name) verlässt uns zum (Datum)auf eigenen Wunsch und Frau/Herr (Name) tritt zum (Datum)ihren/seinen Ruhestand an. Somit sind Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb gegeben. Aus diesem Grund muss der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung der/des Frau/Herrn (Name) widersprechen. Mit freundlichen Grüßen, Betriebsratsvorsitzende/r
Im Hause
Wann muss der Betriebsrat angehört werden?
Wenn es einen Betriebsrat im Unternehmen gibt, muss dieser vor jeder Kündigung gehört werden. Dies schreibt § 102 BetrVG so vor. Die Notwendigkeit der Anhörung gilt ausnahmslos für jede Kündigung. Es spielt also keine Rolle, ob eine ordentliche, eine außerordentliche oder eine Änderungskündigung geplant ist. Die Anhörungspflicht besteht auch dann, wenn das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn während der Probezeit gekündigt wird oder das Arbeitsverhältnis kürzer als sechs Monate besteht. Wird der Betriebsrat vor der Kündigung nicht gehört, ist die Kündigung unwirksam. Es ist auch nicht möglich, die Anhörung nachzuholen. Stattdessen müsste der Arbeitgeber den Betriebsrat erst anhören und danach erneut die Kündigung aussprechen. Weitere Informationen zum Thema Anhörung des Betriebsrats findest Du hier.
Was muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat bei einer Anhörung mitteilen?
Gesetzlich ist nicht vorgeschrieben, ob die Anhörung mündlich oder schriftlich erfolgt. Allerdings muss der Arbeitgeber nachweisen, dass er den Betriebsrat ordnungsgemäß gehört hat. Deshalb erfolgt die Anhörung in der Praxis fast ausnahmslos schriftlich. In dem Anhörungsschreiben muss der Arbeitgeber alle Informationen angeben, die im Zusammenhang mit der Kündigung relevant sind. Hierzu gehören insbesondere Angaben
- zum Arbeitnehmer,
- zum Beschäftigungsverhältnis,
- zur Art der Kündigung und der Kündigungsfrist sowie
- zu den Gründen für die Kündigung.
Der Arbeitgeber muss dabei ausführlich und detailliert erläutern, warum er die Kündigung aussprechen will. Der Betriebsrat muss die Sachlage allein anhand der Informationen beurteilen können. Zudem muss der Betriebsrat in der Lage sein, ohne eigene Recherchen, sondern nur auf Basis der Angaben, eine Entscheidung zu der Kündigung zu treffen. Deshalb muss der Arbeitgeber auch auf relevante Hintergrund- und Zusatzinformationen hinweisen. Bei einer betriebsbedingten Kündigung muss er beispielsweise angeben, welche Auswirkungen die unternehmerische Entscheidung auf das Unternehmen hat und wie die Sozialauswahl durchgeführt wurde. Bei einer verhaltensbedingten Kündigung muss er auf Abmahnungen hinweisen. Bei einer personenbedingten Kündigung muss er Fehlzeiten nennen und ausführen, warum der Arbeitnehmer nicht an anderer Stelle weiterbeschäftigt werden kann.
Möchte der Arbeitgeber eine außerordentliche und fristlose Kündigung aussprechen, die zur Absicherung mit einer ordentlichen Kündigung kombiniert ist, muss er den Betriebsrat gesondert darauf hinweisen. Andernfalls müsste der Betriebsrat einmal zur außerordentlichen Kündigung und einmal zur außerordentlichen Kündigung gehört werden. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Betriebsrat der außerordentlichen Kündigung in vollem Umfang zugestimmt hat.
Wie der Betriebsrat reagieren kann, wenn eine ordentliche Kündigung geplant ist
Beabsichtigt der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung, hat der Betriebsrat mehrere Möglichkeiten. So kann der Betriebsrat
- seine Zustimmung zu der Kündigung erteilen.
- schweigen.
- erklären, dass er keine Stellungnahme abgeben wird.
- Bedenken zu der Kündigung äußern.
- der Kündigung widersprechen.
Für seine Reaktion hat der Betriebsrat eine Woche lang Zeit. Gibt er innerhalb einer Woche keine Stellungnahme ab, gilt seine Zustimmung als erteilt. Möchte sich der Betriebsrat äußern, muss er dies schriftlich tun. Seine Bedenken oder einen Widerspruch muss er begründen.
Was ein Widerspruch des Betriebsrats zur Folge hat
§ 102 Abs. 3 BetrVG räumt dem Betriebsrat ein formelles Widerspruchsrecht ein. Dadurch kann der Betriebsrat einer geplanten ordentlichen Kündigung dann widersprechen, wenn
- die Sozialauswahl nicht oder unzureichend durchgeführt wurde.
- die Kündigung eine Richtlinie nach § 95 BetrVG verletzt.
- es im Unternehmen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer gibt.
- das Arbeitsverhältnis nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen fortgesetzt werden könnte.
- eine Weiterbeschäftigung unter geänderten Vertragsbedingungen möglich und der Arbeitnehmer damit einverstanden ist.
Der Widerspruch ändert allerdings nichts an der Wirksamkeit der Kündigung. Der Arbeitgeber braucht keine Zustimmung vom Betriebsrat. Selbst wenn der Betriebsrat widerspricht, kann der Arbeitgeber die Kündigung also aussprechen. Für den Arbeitgeber ist nur relevant, dass der Betriebsrat angehört wurde. Wie der Betriebsrat entschieden hat, spielt letztlich keine Rolle. Außerdem muss der Arbeitgeber die Ein-Wochen-Frist zwischen der Anhörung und der Kündigung abwarten.
Der Arbeitnehmer profitiert aber trotzdem von einem Widerspruch des Betriebsrats. Der Arbeitgeber muss ihm eine Kopie des Widerspruchs nämlich aushändigen. Dadurch kann der Arbeitnehmer das Wissen des Betriebsrats über die betrieblichen Verhältnisse für eine Kündigungsschutzklage verwerten. Außerdem löst der Betriebsrat durch einen begründeten Widerspruch den sogenannten Weiterbeschäftigungsanspruch aus. Dies hat zur Folge, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer weiterbeschäftigen muss, bis der Rechtsstreit entschieden ist. Macht der Arbeitnehmer von dem Weiterbeschäftigungsanspruch Gebrauch, wird das Arbeitsverhältnis bis zur Entscheidung unverändert fortgesetzt.
Was bei einer außerordentlichen Kündigung für die Anhörung gilt
Ist eine außerordentliche Kündigung geplant, gilt im Prinzip das Gleiche wie bei einer ordentlichen Kündigung. Auch hier muss der Betriebsrat zuvor ordnungsgemäß angehört werden. Allerdings gibt es bei einer außerordentlichen Kündigung zwei große Unterschiede beim Anhörungsverfahren:
1.) Die Frist beträgt nur drei Tage. Beabsichtigt der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung, hat der Betriebsrat also maximal drei Tage Zeit für seine schriftliche Stellungnahme. 2.) Der Betriebsrat kann keinen Widerspruch einlegen. Auch bei einer außerordentlichen Kündigung kann der Betriebsrat zwar Bedenken äußern. Er hat aber kein Widerspruchsrecht. Deshalb kann er auch keinen Weiterbeschäftigungsanspruch auslösen.